Helena Hoffmann wurde zwei Tage vor Aschermittwoch, am Montag, den 7. Februar 1910 in Zgoda (Eintrachthütte), im heutigen Kreis Świętochłowice, geboren. Sie war das erste Kind von Albina und Joseph Hoffmann. Der Vater, Joseph Hoffmann, wurde  am 9. September 1886 in Gąsiorowice (Gonschiorowitz) geboren. Laut dem Historiker, Pater Joseph Schweter CSsR, war er deutscher Nationalität. Joseph war Schlesier aus dem heutigen Oppelner Gebiet, und sprach wahrscheinlich Deutsch und Polnisch. Ihre Mutter Albina, geb. Jarzombek, wurde am 31. Dezember 1889 in Świętochłowice (Schwientochlowitz) in einer polnischen Familie geboren. 1912 wurde Reinhold, Helenas jüngerer Bruder, geboren. 1916 begann Helena in einer siebenklassigen öffentlichen Schule in Zgodzie zu lernen. Als Schülerin zeichnete sie sich durch ihr fröhliches Gemüt und vielen Talente aus. Ihr gutes Gedächtnis und ihr scharfer Verstand erlaubten es ihr, sowohl Deutsch als auch Polnisch schnell zu beherrschen; auch den schlesischen Dialekt scheute sie nicht. Helenka lernte gerne, sie eignete sich leicht neue Fähigkeiten an, und sie gehörte zu einer Theatergruppe. Von klein auf betete sie gerne, sie schätzte den Wert der Sakramente, nahm oft an der Eucharistie teil und hatte eine Vorliebe für die Anbetung des Allerheiligsten. Die Ermutigung ihres ersten Beichtvaters, Pater Edward Adamczyk, in ihrem Herzen eine „Kapelle“ für den Erlöser zu bauen, wurde für Helena der Schlüssel zum Verständnis ihres inneren Lebens.

            Helena empfing am 5. Mai 1921 ihre erste heilige Kommunion. Nach der Erstkommunionfeier stieß Helena beim Spielen und Graben im Feld auf ein Medaillon, das eine Nonne mit einem Kreuz und Rosen zeigt. Sie wusste nicht, wer es war. Aber – wie durch Nebel – erinnerte sie sich daran, dass sie vor ihrer ersten Heiligen Beichte von einer ähnlichen Gestalt geträumt hatte, die sie damals innerlich gestärkt hatte. Wenig später sah sie ein Bild der gleichen Figur in einer religiösen Zeitschrift. Ab dieser Zeit erschien ihr die heilige Theresia vom Kinde Jesu in ihren Träumen und begleitete sie von da an systematisch geistlich. Die hl. Therese von Lisieux schlug ihr vor, Intentionen für das Gebet und für die Hingabe an Gott zu haben. In ihren Träumen gab sie Helena und später Sr. M. Dulcissima geistliche Anweisungen, die sie zu anhaltendem Gebet und Opfer für die Kirche, die Marienschwestern und die Priester aufforderten.

1927 trat Helena in die Kongregation der Marienschwestern v.d.U.E. ein. Am 23. Oktober 1929 empfing sie im Mutterhaus in Breslau das Ordenskleid, den weißen Schleier der Novizinnen und ihren neuen Namen, Sr. Maria Dulcissima. Sie lebte mit anderen Novizinnen im Noviziatshaus in Nysa. In beiden Städten, die damals zu Deutschland gehörten, wurde Deutsch gesprochen. Im Noviziat führte Sr. M. Dulcissima einen inneren Kampf, nahm das Leiden als besonderes Geschenk an und erfuhr weiterhin die „Heimsuchung“ der hl. Therese von Lisieux. Eine wichtige Rolle in der Begleitung während ihrer Krankheit spielten ihr geistlicher Begleiter P. Vinzenz Groeger und Sr. M. Lazaria Stephanik SMI aus Gliwice, eine diplomierte Krankenschwester, die mehr als einmal ihre geistlichen Visionen und Begegnungen mit der Gottesmutter, dem Jesuskind, der hl. Therese vom Kinde Jesu, dem hl. Schutzengel oder der Mystikerin Theresia Neumann aus Konnersreuth in Bayern bezeugten. Das Eintauchen in das Gebet verinnerlichte Sr. M. Dulcissima, während ein tiefes und starkes Verlangen nach Vereinigung mit Gott den Weg zur mystischen Begegnung mit ihrem Bräutigam öffnete.

Am 18. Januar 1933 kam Sr. Dulcissima ins Ordenshaus nach Brzezie, einem Dorf an der Oder bei Raciborz. Ihr Lieblingsgebet wurden die Worte: „Jesus, ich will dir Seelen schenken! (…). Ja, ich will Seelen retten, nicht damit es jemand erfährt, sondern nur du, mein [heiliger] Schutzengel und die heilige Teresa“. In der Fastenzeit 1935 belohnte Jesus ihre völlige Hingabe an das Geheimnis des Kreuzes mit dem Privileg des gefühlten Charisma der Stigmata auf ihren Händen und Füßen und bald auch auf ihrem Herzen. Die hl. Therese von Lisieux begleitete und forderte sie auf: „Du musst Jesus vollständig sich in dir  neu erschaffen lassen“. Die Anliegen der Kirche und der Kongregation lagen ihr sehr am Herzen. Sie betete inbrünstig für den Heiligen Vater, die Priester, die Ordensmänner und -frauen, die Kranken und die Toten. Ausgestattet mit der Gabe des fürbittenden Gebets und der Vorsehung, opferte sie ihre Leiden für die gegenwärtigen Nöte der Kirche, sowohl lokal als auch universell. Sie erlebte ekstatische Visionen über die Verfolgung der Kirche in Deutschland und Böhmen; sie litt unter Angriffen des Teufels. „Die Braut des Kreuzes“ sagte drohende Kriege, Unruhen und Hungersnöte voraus; sie prophezeite drohende Pestilenz und Krankheiten, die Menschen und Tiere betrafen. Ihre mystischen Erfahrungen führten dazu, dass sie jederzeit bereit war, Buße für die Sünden nicht nur der Laien, sondern auch der Priester und Ordensleute zu tun. Körperlich schwach, durch Lähmungen in der freien Bewegung behindert, an Kopfschmerzen leidend, ohnmächtig, war sie dennoch in der Lage, stundenlang zu beten und ihre Leiden als Sühne für Sünden darzubringen. Am Gründonnerstag, dem 18. April 1935, legte sie in der Kapelle des Klosters in Brzezie ihre ewigen Gelübde ab.

Sr. M. Dulcissima vertraute bis zum Schluss auf die Barmherzigkeit Gottes. Versöhnt mit Gottes Willen, starb sie in Brzezie am Montag, den 18. Mai 1936, vier Tage vor Christi Himmelfahrt. Diese Sechsundzwanzigjährige Ordensfrau ging mit einer brennenden Lampe ihrem Bräutigam entgegen (Mt 25,1-13). Sie gehört so zu den klugen Jungfrauen, die Ihm wach, weise, umsichtig und voller Engagement, Gutes zu tun, in den Hochzeitssal folgten.

Sie wurde auf dem alten Kirchenfriedhof beigesetzt. Die Beerdigung der „Braut des Kreuzes“ wurde zu einer Manifestation des Glaubens. Die Bewohner von Brzezie, die am Tag der Beerdigung weiß gekleidet waren, waren überzeugt, dass ihre „heilige Nonne“ gestorben war, und nahmen sofort Erde aus dem Grab, in dem Glauben, dass diese „Reliquie“ sie selbst, ihre Familien und die Häuser, in denen sie lebten, vor allem Bösen schützen würde.

Im Jahr 2000 wurden ihre sterblichen Überreste exhumiert, konserviert und in einem Sarkophag in der Nähe der Pfarrkirche der Heiligen Apostel Matthäus und Matthias in Brzezie beigesetzt. Der Seligsprechungsprozess auf Diözesanebene von Sr. M. Dulcissima Helena Hoffmann begann am 18. Mai 1999 in Katowice – genau an ihrem 36. Todestag – und wurde nach 20 Jahren ebenfalls am 18. Mai 2019 in Brzezie abgeschlossen. Seit diesem Tag wird die Frage ihrer Heiligkeit von der römischen Postulatorin Frau Dr. Giovanna Brizzi untersucht. Und für uns legt die „Braut Gottes“ weiterhin im Himmel Fürsprache ein, wenn wir sie darum bitten. Es lohnt sich.

 

Sr. M. Małgorzata Cur SMI