Im August feiern wir jedes Jahr den Gedenktag der Hl. Rosa von Lima, die eine unserer Ordenspatrone ist. Sie gehört zu den Heiligen, von denen die meisten von uns nicht viel wissen und so auch keine besondere Beziehung zu ihr haben. Manche von uns mögen sich die Frage gestellt haben, warum unser Stifter sie so verehrte und uns zur Patronin gegeben hat.
Das hat uns vor einigen Jahren in der Deutschen Provinz dazu bewogen, uns an einem Schwesternnachmittag mit ihr etwas intensiver zu beschäftigen.
Im Gespräch mit den Schwestern trugen wir zunächst zusammen, was wir von ihr wusste:.
- Sie lebte Ende von 1586 bis 1617 und war die erste Heilige Südamerikas
- Sie gehörte zum 3. Orden des Hl. Dominikus
- Sie hatte mystische Erfahrungen
- Sie versuchte, die Menschen, besonders auch die jungen Menschen, zu einem wahrhaft christlichen Leben zu bekehren
- Sie sorgte sich um Arme, Kranke und Ausgegrenzte
- Sie hat viel gefastet und gebüßt.
Bei der weiteren Beschäftigung mit ihrem Lebenslauf stießen wir auf einige bemerkswerte Details, die uns ihr Handeln besser verstehen ließen.
Sie war ein Kind spanischer Kolonisten und sah, wie unmenschlich die spanischen Eroberer mit den einheimischen Indios umgingen. Darunter litt sie und sie suchte nach Wegen, dagegen etwas zu tun. Als Frau war es ihr verboten zu predigen, aber sie versuchte „mit himmlischer Beredsamkeit alle Leute, mit denen sie umging, dafür zu gewinnen, das sie die Tugenden liebten, die Laster aber verabscheuten.“ Dieses Zitat stammt vom Hl. Antonio Maria Claret, der die Hl. Rosa auch besonders verehrte.
In einem Beitrag von Dr. Markus Büning fand ich zu diesen Gedanken außerdem folgenden Text:
„Der selige Papst Innozenz XI. (1611-1689) sagte über sie (die Hl. Rosa) folgenden bemerkenswerten Satz: ‚Es gab wahrscheinlich in Amerika keinen Missionar, der mit seinen Predigten mehr Bekehrungen erreicht hätte, als Rosa von Lima durch ihre Gebete und Bußübungen.‘. Hier liegt vielleicht der Schlüssel zum Verständnis ihrer Selbstkasteiungen. Rosa war empört über das Leben ihrer spanischen Landsleute in den Kolonien. Sexuelle Ausschweifungen, Gold- und Geldgier, die Geringachtung der einheimischen Indios und die unglaubwürdige Lebensweise vieler Kleriker waren ihr ein Dorn im Auge. Sie spürte intuitiv, dass man mit solch einer Lebensweise keinen Indio von der Liebe des Gekreuzigten überzeugen kann. Ganz im Gegenteil, das Leben der Eindringlinge war abschreckend und versperrte den Blick der Einheimischen auf den Glauben an den Erlöser. Sie wollte mit ihrem Beispiel das Kontrastprogramm vorleben: In Armut und in der mystischen Vereinigung mit dem Gekreuzigten wollte sie den Menschen Perus zeigen, wer dieser Jesus wirklich war.“
Hier wir deutlich, was die hl. Rosa uns vorgelebt hat. Es gibt auch heute in unserer Gesellschaft viel Unmenschlichkeit und Unrecht. Oft können wir dem durch unser Tun und Handeln etwas entgegensetzen. Aber oft sind uns auch die Hände gebunden und uns bleibt „nur“ das Gebet und das Zeugnis unseres Lebens. Wir sind vor allem dazu aufgerufen, mit unserem Leben zu missionieren, Salz der Erde zu sein.
Antonia Maria Claret sagt dazu: „Wo ist unser missionarischer Geist nur geblieben? … Rosa bringt ihren Unmut zum Ausdruck, nicht selbst Apostolin sein zu dürfen. Sie würde gerne, wenn es ihr gestattet wäre, von Land zu Land ziehen und den Glauben verkünden, um alle Ungläubigen zu bekehren. Am liebsten würde sie durch die Straßen gehen, das Kreuz in der Hand, mit einem Bußgürtel angetan, um mit lautem Rufen die Sünder wach zu machen und zur Buße zu bewegen.“
Nicht durch große Werke, sondern durch ihr Büßerleben, ihre innige Christusbeziehung und ihre selbstverständliche Hinwendung zu den Armen ist die Hl. Rosa von Lima zur Patronin Lateinamerikas geworden. Für mich, und ich denke auch für einen Großteil der Schwestern, die an diesen Treffen in Deutschland teilgenommen haben, ist sie ein Vorbild für unser geistliches Leben und eine wahre Patronin unserer Kongregation geworden. Sie kann uns lehren, dass wir die Menschen nur durch unser gelebtes Beispiel und den Einsatz des eigenen Lebens zur Christusliebe und Nachfolge führen können. Jede von uns kann, da wo sie lebt und wirkt, Apostolin des Alltags werden und diesen durch Werke der Liebe fruchtbar machen.
Sr. Petra Ladig