Uniform – Faszinierende Bilder
Jeder kennt sicher solche Bilder: Sängerknaben in einheitlicher Festkleidung, Sportler in einheitlichem Sportdress, Soldaten in Uniform. Das macht schon was her: 20, 50, 100 oder noch mehr Personen in gleicher Kleidung. Alle sind einheitlich gekleidet. Erinnerung an eine Bistumswallfahrt nach Rom, wo über 1000 Gläubige mit einem gelben Schal in den Petersdom eingezogen sind. Sofort kommen bei mir Assoziationen wie Gemeinschaft, Stärke. Da würde ich gern dazugehören.
Das äußere Bild verleitet gern dazu, die Einheit einer Gemeinschaft an äußerlichen Dingen festzumachen. Das Tragen der gleichen Kleidung suggeriert die gleichen Gewohnheiten, die gleichen Vorlieben. Und wenn der Andere anders denkt und handelt, ist die Verwunderung groß. Das habe ich so nicht vermutet …
Einheit ist nicht Einheitlichkeit
Um Einheit zu verstehen und dann auch leben zu wollen, muss man erst einmal für sich klar haben, dass Einheit nicht identisch ist mit Einheitlichkeit. Ich gehe dazu erst einmal in den sachlichen Bereich. Eine Bergwiese sieht prächtig aus. Wenn man näher herangeht, sieht man Blumen und Gräser von ganz unterschiedlichen Formen und Farben. Eine Symphonie besteht aus einer Fülle unterschiedlichster Töne, die von verschiedenen Instrumenten hervorgebracht werden.
Vielfalt: ein Kennzeichen unserer Kirche
Pfingsten: die vielen Völker, die damals in Jerusalem versammelt waren, und die alle die Apostel in ihrer Sprache die Botschaft von Jesus verkünden hörten.
Vielfalt bei den Aposteln: Allein schon im Kreis der Apostel kann man die Vielfalt sehen: Petrus und Paulus, Jakobus und Johannes – und die Bibel erzählt, dass die Apostel in manchen Dingen (Beschneidung, Bindung an das jüdische Gesetz) durchaus auch heftig miteinander gerungen haben.
Paulus: Die vielen Gnadengaben und der eine Geist
Im 1. Korintherbrief beschreibt Paulus die Vielfalt in der Gemeinde. Er spricht von den verschiedenen Gnadengaben, die er in der Gemeinde erlebt. Dabei gebraucht er das griechische Wort „Charisma“ (das Wort „charmant“ ist davon abgeleitet). Kennen Sie die Charismen (Gnadengaben, Begabungen, Fähigkeiten) der anderen (Ihrer Familienangehörigen, Ihrer Mitschwestern, Ihrer Mitarbeiterinnen …)? Es könnte schon spannend sein (ist aber nicht einfach), sich darüber mal auszutauschen.
Paulus sieht in der Vielfalt eine große Bereicherung, aber auch eine Gefahr, z.B. von Grüppchenbildung oder Spaltung. Daher mahnt er zur Einheit (1 Kor 1,10-17)
Ein Leib und die vielen Glieder
Paulus vergleicht die Vielfalt mit dem Bild des menschlichen Leibes: ein Leib, aber viele Glieder. Nicht nur, dass jedes Glied seine Aufgabe hat und wichtig ist, sondern sogar dass jedes lebensnotwendig ist („Der Kopf kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche dich nicht!“). Jeder würde dem sofort zustimmen.
Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Immer wieder gibt es in der Welt (früher wie heute) Spaltungen: „Den/die brauchen wir nicht.“ (Ausländer brauchen wir nicht; Kinder brauchen wir im Gottesdienst nicht …).
Frage zum Nachdenken: Ist Korinth auch in meinem Leben (in unserem Konvent, in meiner Familie …) zu finden?
Einheit hat ein Ziel
Das Bild vom menschlichen Leib kann uns gut weiterhelfen, um Einheit zu verstehen. Denn das Miteinander der vielen Glieder hat ein Ziel: das Leben. Gerade in unserem Leib spüren wir sehr schnell, wie das Leben beeinträchtigt wird, wenn ein Glied ausfällt (verstauchter Fuß, Kopfschmerzen).
Einheit ergibt sich also nicht allein durch ein einheitliches Aussehen oder einheitliche Regeln. Diese können darauf hinweisen, dass alle ein gemeinsames Ziel haben.
Bei Sportlern ist dies der Wille zum Sieg, der sie zu einer Einheit verbindet, bei Sängern die Freude an der Musik.
der eine Geist
Das Bild vom menschlichen Leib kann man auch gut auf eine Gemeinschaft übertragen.
Ihre äußere Einheitlichkeit (Ordenstracht, gemeinsames Gebetsleben) ist ein Zeichen für ein gemeinsames Ziel, das sie – bei aller Individualität ihrer Mitglieder – verbindet: sie wollen dem Leben dienen.
Hierbei geht es um das leibliche wie auch um das geistliche Leben, um das Leben des Einzelnen wie auch das Leben der Gemeinschaft.
Und wer dem Leben dient, dient und verherrlicht damit auch Gott. Dazu gibt es viele Beispiele in der Hl. Schrift, z.B. „Was ihr für einen meiner Brüder und Schwestern getan habt, habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40); oder „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10).
Das ist gemeint, wenn Paulus bei der Verschiedenheit der Glieder von dem einen Geist spricht, der alle beseelt.
Prälat Dr. Stefan Dybowski
18.01.2021 Monatsvortrag Kloster St. Augustinus, Berlin-Lankwitz