Der Menschensohn ist gekommen, um zu finden und zu retten, was verloren war.

Diese Worten der Frohen Botschaft beschäftigten einen Polizeibeamten in Breslau, Herrn Uhden, einen eifrigen Katholiken. Als der spätere Bischof Henrich Förster noch Pfarrer in Kamienna Góra war, war dieser Polizist dort Bürgermeister. Er arbeitete gut mit dem Pfarrer zusammen. Die freundschaftlichen Beziehungen aus Kamienna Góra blieben bestehen, als beide nach Breslau versetzt wurden.

Am 19. Januar 1854 berichtete der ehemalige Bürgermeister dem Bischof über die tragische moralische Situation unter den Bediensteten. Er schlug vor, dass einer der katholischen Geistlichen eine Unterkunft für katholische Bedienstete organisieren sollte, damit diese nicht an üblen Orten übernachten müssten. Er schlug auch vor, eine Vereinigung katholischer Frauen zu gründen, die, da sie die Bedürfnisse der Mädchen gut kennen und so den Seelsorger  unterstützen könnten.

Bischof Förster leitete diesen Bericht an den Dekan von Breslau, Pater Maciej Thiel, Pfarrer von Corpus Christi in Breslau, weiter. Nach Rücksprache mit den Geistlichen in Breslau antwortete der Dekan dem Ordinarius, dass er einen großen Nutzen in der Gründung eines Vereins für Dienstmädchen sähe.

Bischof Förster beauftragte den Dekan, eine Dekanatskonferenz einzuberufen, um die Gründung dieses neuen pastoralen Dienstes zu besprechen und einen geeigneten Priester dafür zu finden, der eine Herberge für die Bediensteten einrichten und für sie sorgen sollte. Alle Priester wählten einstimmig Pater Johannes Schneider für diese Aufgabe. Pfarrer Schneider beantwortete die Wahl mit einem eindeutigen „Ja“. Zu dieser Zeit war er erst 30 Jahre alt und  5 davon Priester.

Pfarrer Schneider machte seine Gemeinde mit dem Problem der Dienstmädchen vertraut und bat seine weiblichen Gemeindemitglieder, die die Arbeitsbedingungen der Mädchen und jungen Frauen in Breslau aus eigener Anschauung kannten, um Hilfe. Sieben mutige Frauen der Pfarrei St. Matthias bildeten den Vorstand der neuen Marianischen Stiftung unter Johannes Schneider als Vorsitzenden. Für den Anfang, mietete die Stiftung zwei Zimmer für Mädchen in einem Mietshaus in der Nähe der Heilig-Kreuz-Kirche, demselben Gebäude, in dem unser Stifterer während seines Studiums gewohnt hatte. Jedes Vorstandsmitglied wurde von Pfarrer Schneider mit der Betreuung eines der Stadtteile von Breslau betraut. Besonderes Augenmerk legten die Frauen dabei auf die Bahnhöfe, denn dort kamen die Mädchen an, die in der Großstadt Arbeit suchten, und liefen Gefahr, in die Hände von Zuhältern zu geraten. Mädchen aus Oberschlesien und Oppeln kamen zum Oberschlesischen Bahnhof (dem heutigen Breslauer Hauptbahnhof), Mädchen aus dem Sudetenland kamen zum Świebodzki-Bahnhof und Mädchen aus Richtung Zgorzelec zum Marchia-Bahnhof.

Mitte Oktober 1854 übergab der Diener Gottes dem Bischof Heinrich Förster die vom Stiftungsrat ausgearbeiteten Statuten zur Genehmigung, die der Breslauer Ordinarius ohne Zögern billigte. Pfarrer Schneider legte die Statuten dann auch der Polizei zur Stellungnahme vor. Das Dokument wurde von der Polizei am Tag der Heiligen Elisabeth, der großen Apostelin der Werke der Barmherzigkeit, angenommen.

Am 14. November 1854 veröffentlichte unser Stifter in der Schlesischen Kirchenzeitung einen Aufruf an die Geistliche und Laien unter dem Titel „Ein Hilferuf”. In dem Artikel wurde der Hauptzweck der Stiftung vorgestellt: die Vorbereitung auf das Leben und die Ausbildung armer Mädchen, die am Rande des moralischen Abgrunds stehen. Es sei eine Tragödie, dass viele Mädchen vom Lande Verführern zum Opfer fielen, weil sie nicht richtig versorgt wurden, keine Arbeit und keine Unterkunft hatten und mit dem Leben in der Stadt nicht vertraut waren. Die schwierigen Lebensbedingungen waren oft die Ursache für ihre Straftaten, die im Gefängnis endeten. In diesem Appell enthüllte der Autor ein Projekt zum Kauf eines Hauses, in dem arbeitssuchende Bedienstete untergebracht werden sollen, bis sie einen geeigneten Arbeitsplatz gefunden haben. Dieses Haus könnte sie vor der Demoralisierung bewahren. Er hatte die Möglichkeit, ein solches Haus für 10000 Taler zu kaufen und brauchte deshalb Geld. Seinem Aufruf folgten viele Menschen mit guten und sensiblen Herzen, unabhängig von ihrer Religion. Pfarrer Schneider schlug vor, dass Unsere Liebe Frau von der Unbefleckten Empfängnis und die Heilige Rose von Lima, eine Tertiarin des Dominikanerordens, Patroninnen der kirchlichen Vereinigung für die Sorge umd die Dienstmädchen sein sollten.

Am 8. Dezember 1854 empfingen die Mitglieder des Vereins, die Familien, die das Werk unterstützten, und die Dienstmädchen selbst das Sakrament der Versöhnung und die Heilige Kommunion in der Kirche des Heiligsten Namens Jesu und weihten sich dann der Unbefleckten Jungfrau Maria als ihrer Schutzpatronin, indem sie sich selbst und die Zukunft des Werkes der Göttlichen Mutter anvertrauten.

Welchen Platz hat die Gottesmutter in meinem Leben?

 

Sr.M. Elżbieta Cińcio