Die Reise nach Jaszkotle wurde von Gott entschieden. Wieder war es anders, als ich gedacht oder geplant hatte. Genauer gesagt: nach meiner Erfahrung bei der Arbeit in unserem Pflegeheim in Żerniki bat ich Gott, die Einrichtung in Nysa vor der Pandemie zu beschützen. Es war ein rein egoistischer Gedanke, denn das Haus in Nysa liegt mir am Herzen und ich erinnere mich mit Freude an die Arbeit dort. Ich wusste, wenn Sr. Samuela, die derzeitige Leiterin des Hauses, mich anrief, würde ich meine Hilfe nicht verweigern, und ich wusste ja bereits, worum es bei dieser Arbeit ging. Und es geschah, Sr. Samuela rief an… Und da ich schon ein bisschen auf diese Information eingestimmt und vorbereitet war, wusste ich, was zu tun war. Ich vereinbarte mit meiner Oberin, dass ich zu den Schwestern nach Nysa gehen und in der Pflegeeinrichtung helfen würde. Als ich von Nysa die Information erhielt, dass Sr. Dominika auch kommen und mit mir sein würde, war das eine große Freude. Ich war ganz ruhig. Sr. Dominika wird da sein, Sr. Samuela, Sr. Anna, ich kenne das Haus, ich kenne die Jungen…, dachte ich. Als am nächsten Tag Sr. Samuela verkündete, dass sie es geschafft hatten und unsere Hilfe bei der Arbeit mit den Behinderten nicht mehr benötigt wurde, war ich aber trotzdem erleichtert. Doch am selben Tag, noch am Abend, klingelte das Telefon. Mein erster Gedanke war: „Wo haben wir sonst noch eine Pflegeeinrichtung?“ Diesmal war es nicht in Nysa, sondern in Jaszkotl. Nur eine kurze  Frage an Sr Dominika: „Gehen wir?“ „Wir gehen!“

Gott wollte es so… Dessen waren wir uns sicher… Aber wofür … Und warum?

Wir sind hingegangen, haben getan, was wir konnten und sind zurückgekommen. Nur einige Tage… Und es ist so viel passiert… Vor allem für mich! In meinem Herzen, in meinem Gewissen, in meiner Wahrnehmung…

Gott wollte es so, er „wählte…“, damit auch ich „wählte…“, immer für etwas, letztlich für mich… Ich erhielt hundertmal mehr.

Was konnte mir Gott während dieses kurzen Aufenthalts unter den Kindern schenken. Kinder, die sehr krank und doch sehr glücklich sind. Leidend und doch lächelnd. Verwundet und doch voller Zuversicht…

Manchmal, wenn ich bei der Arbeit einen Moment frei hatte, nahm ich ein Kind in den Arm und ging mit ihm spazieren und sprach mit ihm. Aber oft habe ich sie einfach nur umarmt und an ihre Eltern gedacht. Ich dachte auf unterschiedliche Weise… manchmal nur mit Vorwürfen… Ich schaute ihnen in die Augen… Als wollte ich sie fotografieren… sie in meiner Erinnerung behalten… und dann zurück lassen…

Ich kehrte nach Hause zurück. Ich bat um etwas Zeit nur für mich. Ich wollte mich ausruhen … Aber es ging nicht nur ums Ausruhen, wie sich herausstellte. Ich habe mich mit mir selbst getroffen. Ich hörte leise, und dann immer lauter… Warum wollen die Eltern sie nicht… Ich will Johnny, Mateuszek… usw. ICH WILL SIE! So geht das nicht, Gott. Sie wollen sie nicht… aus einer Million verschiedener Gründe. Und ich…

Mutterschaft ist eines der wunderbarsten Geschenke Gottes … es ist eine Form des Göttlichen in einem zerbrechlichen menschlichen Wesen. Ich habe es aufgegeben… weggegeben… gewählt… vor einem Dutzend Jahren. Was konnte ich damals schon darüber wissen, als ich zwanzig Jahre alt war. Nur die Theorie. Die wirkliche Entscheidung dafür kam – erst jetzt. Die Wahl des Lebens für das Leben… Diese kleinen kranken Geschöpfe, die zurückgelassen wurden, sind heute für mich… Sie sind meine Mutterschaft und mein Gebet. Sie sind… wie Perlen für die Welt.

Das Haus in Jaszkotel, das Haus in Żeniki, Nysa und jedes andere unserer Häuser, in denen wir kranke Menschen bei uns haben, uns anvertraut, sind Enklaven des Guten in dieser Welt, wo „freie Entscheidung, nicht Gebot“ einen neuen Klang für mich bekommen hat.

 

Sr. M. Daniela Gumienna