1. Sonntag im Jahreskreis
    Lesungen: Weisheit 18,6-9; Hebräer 11,1-2.8-19
    Die Lesungen des heutigen Tages laden uns ein, den Glauben nicht nur als religiöse Tugend zu betrachten, sondern als eine Art und Weise, die Wirklichkeit selbst wahrzunehmen, als eine Linse, die unsere Sichtweise, unsere Interpretation und unsere Reaktion auf die Welt verändert. Der Brief an die Hebräer beschreibt den Glauben als „die Gewissheit dessen, was man hofft, die Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht“ und verweist damit auf eine Dimension des Lebens, in der das Sichtbare nicht der letzte Maßstab für die Wahrheit ist. Diese veränderte Perspektive ordnet unsere Prioritäten neu, denn wenn wir auf Gottes Verheißungen vertrauen, leben wir nicht mehr nur für das, was unmittelbar oder greifbar ist, sondern im Licht des Ewigen. Abrahams Reise, die vom Glauben ins Unbekannte geführt wird, zeigt, dass dieses Vertrauen Mut, Losgelöstheit und die Bereitschaft erfordert, unser gegenwärtiges Handeln vom Unsichtbaren bestimmen zu lassen. Der Glaube ist also nicht blind, sondern zutiefst bewusst, verwurzelt in einer Realität, die außerhalb der Reichweite unserer Sinne liegt, aber dennoch realer ist als das, was wir erfassen können. Er ermöglicht es uns, andere Entscheidungen zu treffen, tiefer zu lieben und durchzuhalten, wenn die Umstände unsicher erscheinen, weil unser Horizont nicht mehr allein durch diese Welt begrenzt ist. Denken wir darüber nach: Prägst du wirklich mit deinem Glauben, wie du die Welt siehst, und bestimmst du deine Entscheidungen, oder lässt du dich immer noch von dem Sichtbaren und Unmittelbaren leiten?

Don Giorgio