Bericht von Sr. Borgia über die Zwangsumsiedlung der Schwestern nach Otorowo im Jahr 1954

Bericht von Sr. Borgia über die Zwangsumsiedlung der Schwestern nach Otorowo im Jahr 1954

Im Jahr 1954 war ich war in Scinawka Średnia stationiert. Wir waren sieben Schwestern in der Gemeinschaft: sechs Schwestern waren in der ambulanten Krankenpflege, in der Entbindungsstation in einem Gesundheitszentrum, im Altenheim sowie mit der Arbeit auf dem Feld beschäftigt. Eine Schwester war Sakristanin.

An den 2. August 1954 werde ich mich bis an mein Lebensende erinnern. Es war der Tag, an dem wir von der Umsiedlung erfuhren. Um 5.30 Uhr kam die Miliz in Autos vor unserem Haus an; wir waren zu diesem Zeitpunkt in der Kapelle. Wir mussten sofort unsere Sachen packen, dazu hatten wir etwa zwei Stunden Zeit.  Wir hatten große Angst und wussten nicht, wohin sie uns bringen würden. Wir waren voller Hast beim Packen. Ein Gefühl der Panik und Unsicherheit begleitete uns. Wir fragten die Polizisten, wo wir hinsollten, aber die einzige Antwort, die wir bekamen, war, dass wir „in den Urlaub“ fahren würden.

Wir mussten alle unsere Sachen packen: Möbel und Vieh (zwei Kühe, zwei Schweine, Hühner, Enten). Sie befahlen uns, das Allerheiligste Sakrament in die Kirche zu bringen. Ich muss noch hinzufügen, dass zu dieser Zeit die älteren Menschen, die bei uns im Heim  waren, in ein anderes Haus gebracht wurden.

Einige Stunden später fuhren wir bereits in Richtung Wrocław. Wir wurden zum Mutterhaus gebracht, wo wir die Nacht verbrachten. Am nächsten Tag ging es weiter nach Karłowice (ein Stadtteil von Wrocław) zu den Franziskanern, wo wir die nächste Nacht waren. Dort trafen wir unsere Schwestern aus anderen Einrichtungen. Am nächsten Tag wurden wir in drei Busse mit der Aufschrift “ AUSFLUG“ verladen. Wir wussten immer noch nicht, wohin wir gebracht würden und aus welchem Grund, also versuchten wir erneut, die Polizisten, die uns bewachten, zu fragen, aber wir erhielten nur die Antwort, dass wir „an unseren Bestimmungsort gehen“ würden, und später sagten sie, dass wir nach Sibirien gehen würden. Wir dachten also, dass sie uns wirklich dorthin bringen würden, und wir beteten inbrünstig um unser Überleben.

Während der Fahrt hielten wir mehrmals in den Wäldern an, um eine kurze Pause einzulegen. Diese Stopps wurden unter der Kontrolle der Sicherheitsbehörden durchgeführt, da sie Angst hatten, dass eine von uns weglaufen würde. Wir erreichten Otorowo, am Abend des 4. August 1954. Es war das Kloster der Ursulinenschwestern, aber die Schwestern hatten ihr Kloster zu dieser Zeit verlassen. Als wir ankamen, waren einige unserer Schwestern schon da. Insgesamt waren wir dort 153 Personen.

Sie sagten uns, dass wir uns Zimmer suchen und uns dort einrichtgen sollten. Sie zeigten uns einen Park in der Nähe, wo wir unsere Kühe hinbringen konnten.

In den ersten drei Monaten waren wir unter der Kontrolle der staatlichen Behörden. Die Bedingungen waren gefängnisähnlich – wir durften das Lagergelände nicht verlassen, nicht über das Tor hinausgehen, wir waren die ganze Zeit unter Kontrolle der Miliz, am Anfang fehlte es an Strom, Heizung und heißem Wasser. Das Essen war sehr dürftig, die sanitären Bedingungen nicht die besten, die Verhältnisse sehr beengt (viele von uns schliefen in einem kleinen Raum).

Innerhalb des Lagers gab es eine Kapelle, in der wir jeden Tag, morgens und abends, gemeinsam beteten. Der Kaplan wohnte vor Ort und zelebrierte jeden Tag die Heilige Messe sowie die Abendgottesdienste. Außerdem kümmerte sich der Dekan aus Pniewy, der die Ursulinenschwestern geistlich versorgt hatte, um uns.

Nach drei Monaten mussten wir, im Rahmen der sogenannten „Produktivität“ Zwangsarbeit für den Staat unter Aufsicht von Beamten leisten. Es wurden Nähstuben eingerichtet und wir mussten im Akkord- und Schichtsystem nähen. Wir nähten Unterwäsche, Hemden, Schlafanzüge, wir bestickten Klappen für Eisenbahnuniformen sowie Hüte und Mützen, die ich nähte. Auch Federn mussten wir schreddern. Wir haben von 7 bis 16 Uhr mit einer Stunde Pause gearbeitet. Wir arbeiteten die ganze Zeit unter der Aufsicht der Wachen. Für die Arbeit erhielten wir Geld, mit dem wir uns bis zur Auflösung des Lagers unterhalten mussten.

Während unseres Aufenthalts in Otorowo hatten wir keinen Kontakt zu unseren Familien oder den Einheimischen, da das Lager abgeschlossen war. Einige von uns arbeiteten auch auf dem staatlichen Landwirtschaftsbetrieb (PGR) bei der Ernte, beim Umgraben, bei der Versorgung der  Kühe und Schweine und beim Düngen.

Im Lager arbeiteten Zivilhelfer, die sich um die Versorgung kümmerten und uns Arbeitsausweise ausstellten.

Am 8. Dezember 1954 feierten wir unter Lagerbedingungen das hundertjährige Bestehen unserer Kongregation. Während dieser Zeit fanden normalerweise die religiösen Gelübde und Jubiläen statt.

Ende 1956 informierten uns die Zivilbehörden des Bezirks Szamotuły über die Auflösung des Lagers und die Möglichkeit, dass wir an unseren vorherigen Aufenthalts zurückkehren können. Also kehrte ich auf meinen Posten in Ścinawka Średnia zurück.

Während unserer Abwesenheit war unser Haus weiterhin ein Gesundheitszentrum mit einer Entbindungsstation. Anfangs bekamen wir nur einen Raum wieder, die anderen Räume mussten wir uns mühsam zurückholen, weil sie von Laien belegt waren. Als besonders unangenehm, ja grausam, erwies sich der Hausmeister des Hauses, der sich hartnäckig weigerte, die besetzten Räume zu verlassen.

Die Zimmer, die wir zurückbekamen, waren verwüstet, schmutzig, überall waren Wanzen (alle Zimmer mussten desinfiziert werden). Wir mussten alles selbst renovieren, weil uns niemand helfen wollte. Wir arbeiteten Tag und Nacht, um das Haus wieder bewohnbar zu machen. Diese Arbeit forderte einen Tribut an unsere Gesundheit, aber jeden Tag dankten wir Gott, dass er bei uns war und uns die Kraft gab, das alles durchzustehen.

 

Sr. M. Borgia Drobina

Sind wir eine Last für den anderen?

Sind wir eine Last für den anderen?

Sind wir eine Last für den anderen? Es ist gut, diese Frage zu stellen, denn so wie wir sind, könnte es manchmal so aussehen, besonders wenn wir faul sind. Aber eigentlich sind wir, bevor wir dem anderen zur Last fallen, eine Last für uns selbst. Was wir auf den anderen projizieren, ist nur ein Spiegelbild dessen, was wir für uns selbst sind. Unerfüllte Wünsche, gescheiterte Projekte oder andere Enttäuschungen können in Ihnen die Last erzeugen, die Sie schließlich auf andere abwälzen. Lassen Sie also nicht zu, dass Misserfolge oder Unzulänglichkeiten zu einer Belastung für Sie werden. Werft sie weg und befreit euch selbst, damit ihr hart daran arbeiten könnt, anderen nicht zur Last zu fallen.

Don Giorgio

Die Sommerfahrt 2021 – von Maria Laach ins Roma Lager Habes

Die Sommerfahrt 2021 – von Maria Laach ins Roma Lager Habes

und ich war dabei…

wie kam es dazu?

 

Vor fünf Jahren habe ich in Maria Laach an Exerzitien teilgenommen und da sah ich den Spendenaufruf

für das Roma Lager in der Slowakei von P. Basilius. U.a. las ich – das Matratzen gebraucht werden und ich wurde aufmerksam… denn gerade in dieser Zeit mussten in unserem Seniorenzentrum in Cochem die Matratzen ausgetauscht werden – „nur – weil sie nicht mehr“ der Norm entsprachen – deshalb sollten sie entsorgt werden. Sie wurden aber gerettet und mit ins Lager genommen.

Ja, das war mein erster Kontakt zu diesem Projekt und ich war und bin noch begeistert mit welchem Einsatz –  die Benediktiner, vor allem P. Basilius, sich für diese Sache einsetzten.  Es war mir auch von Anfang an klar – das möchten wir Marienschwestern unterstützen. Ich holte mir weitere Informationen und so konnte ich hier in

unserem  Haus, in der Frauengemeinschaft und bei meinen Freunden davon erzählen.

Bei unseren Advent-, Frühling- und Herbstbasaren und all den anderen Veranstaltungen im Haus gab es dann immer einen Stand – mit den verschiedensten Dingen. Der Erlös war dann für „meine Roma Kinder“ bestimmt.

Natürlich ist dadurch die Verbindung weiterhin gestärkt worden und jedes Mal, wenn ein Transport geplant war, habe ich auch vor Ort einen Aufruf gestartet und ich bin überwältigt, wie spendenfreudig die Mitarbeiter und die Cochemer sind. So können wir in unserem Wohlstand auch etwas für diese Menschen tun.

Nach jeder Tour wurde ausführlich von allem berichtet und mir wurde klar – da muss ich auch einmal mitfahren.

Schon im vergangenen Jahr für die Sommertour hatte ich geplant, dabei zu sein …aber… Corona hat mir einen Strich durch meine Planung gemacht, ebenso auch im Herbst.

Doch jetzt war es so weit…. Herr Lingenthal teilte mir im Juni mit, dass Ende Juli eine Fahrt geplant ist. Natürlich war ich davon begeistert und noch mehr – dass P. Basilius mitfährt.

Doch musste ich für meine Abwesenheit in meinem Konvent mit den altgewordenen Mitschwestern einiges

planen – und organisieren – denn alleine können sie nicht sein.

Aber ich dachte …wenn es sein soll, dass ich mitfahren soll – kann dies kein Problem sein und so war es dann auch. Eine Mitschwester kam zur Vertretung und so konnte am 27. Juli gestartet werden.

In Maria Laach angekommen, stand der Kölner Flitzer schon vor dem Lager und es wurde bereits eingeladen.

Nachdem P. Basilius

Das Reisegebet und den Reisesegen gegeben hatte – ging unsere Reise – die von Herrn Michael Lingenthal so professionell geplant und vorbereitet war –  los.

Ich war nur gespannt, was mich erwartet …. die lange Fahrt , die Grenzkontrollen , Impfkontrolle …..Stau….usw.

Wir alle waren überrascht, dass es auf der ganzen Fahrt (hin und zurück) keine Komplikationen gab.

Nach einer Übernachtung am Inn – gab es in Bratislava ein Treffen mit der Botschafterin.

Ja, und am 29. Juli kamen wir dann unserem Ziel  immer näher und die Spannung stieg

Im Kommunikationszentrum der Caritas sind  wir von dem Mitarbeiter -Team und den Kindern erwartet und freudig begrüßt worden.

Nach dem Ausladen gab es für die fleißigen Helfer eine kleine Süßigkeit und nur strahlende Kinderaugen.

Die Kinder sind dann bald nach Hause gegangen.

Wir haben uns am Abend mit den Mitarbeitern dort im Zentrum getroffen, unterhalten und natürlich auch gemeinsam gegessen. Herr Rado war der Dolmetscher – nicht nur ich sondern alle haben sich wohlgefühlt – das war zu spüren.

Am nächsten Tag haben sich unsere Wege getrennt –

denn Herr Lingenthal und Herr Rado hatten ein Gespräch mit dem Bürgermeister in Secovce.

Pater Basilius und ich wurden von Schwester Bernadetta (Erlöser Schwestern) und der Dolmetscherin, Frau Kristina, nach Trebisov abgeholt – dort waren wir beim Bürgermeister – den Schwester Bernadetta gut kennt und der sehr Roma-freundlich ist.

Nach dieser Begegnung sind wir in den Konvent von Schwester Bernadetta gegangen – für mich etwas völlig Neues, denn die 3 Schwestern  leben nicht in einem Kloster  – sondern in einem Plattenbau in der 5. Etage.

Die Gastfreundschaft bei ihnen war sofort zu spüren – denn es duftete nach frischen Kuchen, der dann auch sofort serviert wurde.

Es war eine sehr gute Atmosphäre – wir konnten nicht slowenisch und die Schwestern nicht deutsch sprechen  – aber wir haben uns trotzdem sehr gut verstanden.

Schwester Bernadetta zeigte uns dann kurz das Roma- Lager, in dem sie tätig ist.

Zum Mittagessen ging es dann wieder ins Caritas Zentrum.

Bald kamen die Kinder und es begann der Badespaß für sie.

Sehr disziplinierte und fröhliche Kinder

An diesem Nachmittag sind wir auch vor Ort ins Lager gegangen. Einige Kinder haben uns begleitet, denn sie leben ja dort mit ihren Familien.

Auf den Hinweg ist mir ganz anders geworden,

denn so etwas –

habe ich ja in meinem ganzen Leben

noch nicht gesehen

Es waren für mich einschneidende Begegnungen –

mit dieser Armut und den Menschen.

 

Ich habe mir die  Situation dort schlimm vorgestellt,

aber die Wirklichkeit war viel extremer –

man kann es sich nicht vorstellen…..

man muss es sehen…

 

Ich bin sehr froh, dass ich die Gelegenheit nutzen konnte und mitgefahren bin.

Ja, ich bin selbst neu zur Dankbarkeit motiviert worden und ich werde mich in Zukunft weiter für diese Menschen einbringen –

auch wenn es nur :

Ein Tropfen auf den heißen Stein ist.

Es lohnt sich….!!!!

Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle

der wunderbaren Reisegesellschaft –

Pater Basilius , Michael Lingenthal

und

all den Vielen,

die uns mit ihrem Gebet begleitet haben.

 

Dankeschön !!!

 

Schwester M. Felicitas

( aus Cochem )

Den anderen groß (größer) machen Bewahrung und Vertiefung der Einheit – ganz konkret

Den anderen groß (größer) machen Bewahrung und Vertiefung der Einheit – ganz konkret

 

Sie erinnern sich sicher noch an den Brief von Sr. Sybilla und damit auch die Worte des Stifters Pfarrer Johannes Schneider. Einheit ist eine Beziehung. Sie ist nicht von vorn herein einfach da. Sie muss aufgebaut und gepflegt werden. Und sie unterliegt auch den Gesetzen, denen jede Beziehung unterliegt, nämlich sie kann sich verändern. Sie kann stärker werden, sie kann aber auch abflachen und ganz verschwinden. Das gilt für jede Gemeinschaft (Staat, Kirche, Pfarrei), das gilt auch für persönliche Gemeinschaften wie Familien und Freunde, und selbstverständlich auch für Ordensgemeinschaften. Das Versprechen eines Gelübdes oder das Tragen eines einheitlichen Ordenskleides macht noch keine Einheit aus. Einheit ist also eine innere Beziehung, die die Menschen miteinander verbindet.

 

Wachsen der Einheit konkret

Ich möchte Ihnen heute dazu ein paar geistlichen Impulse mitgeben, die Sie für sich persönlich betrachten und ausprobieren können.

Schon jetzt als Vorbemerkung: fangen Sie behutsam damit an, wenn Sie sich dazu entschließen. Solche konkreten Übungen können sehr anspruchsvoll, aber auch sehr wirkungsvoll sein.

 

Mein rechter Platz ist leer …

Sie kennen sicher das Kinderspiel, wo ein Kind auf den freien Platz neben sich jemanden wünschen darf. Natürlich haben wir uns damals unsere besten Freunde her gewünscht.

Einheit beginnt mit dem Wahrnehmen. Nehmen Sie doch mal den Platz neben sich (egal ob rechts oder links) zum Thema Ihrer Betrachtung. Wer hat heute neben mir (in der Bank in der Kapelle oder am Tisch beim Mittagessen)? Habe ich mit meiner Nachbarin geredet, sie angeschaut, sie angelächelt? Weiß ich, wie es ihr geht, ob sie etwas bedrückt, ob sie Schmerzen hat? Oder muss ich für mich sagen, dass der Platz neben mir wirklich leer ist, zumindest in dem Sinn, dass es mir eigentlich egal ist, wer da sitzt.

 

Sammelt euch Schätze im Himmel

In seinen Gleichnissen gebraucht Jesus mehrfach das Bild vom Schätze sammeln. So vergleicht er das Reich Gottes mit einem Schatz im Acker oder einer kostbaren Perle (Mt 13,44-46). Und in der Bergpredigt fordert er uns auf, Schätze zu sammeln, die nicht vergänglich sind (Mt 6,19-21). Das Bild vom Schätze sammeln ist ein beliebtes Thema für Einkehrtage oder Exerzitien.

Ich möchte Sie anregen, Schätze ganz konkret in Ihrer eigenen Gemeinschaft zu suchen. Ein Schatz macht einen Menschen reich. Wer bereichert Ihre Gemeinschaft? Was wäre, wenn es diese Schwester nicht mehr geben würde? Würde uns etwas fehlen.

 

Eine andere Gerechtigkeit

Der folgende Gedanke ist etwas schwierig, schon deshalb, weil wir Menschen in der Regel darin sehr empfindlich sind: es geht um die Gerechtigkeit. Einheit bedeutet, dass für alle gleich behandelt werden und für alle die gleichen Regeln gelten. Darauf haben wir als Jugendliche in der Familie und in der Schule peinlichst geachtet. Wenn wir das Gefühl hatten, dass jemand vorgezogen wurden, empfanden wir dies als ungerecht und forderten Gerechtigkeit. Grundsätzlich möchte ich von dieser Haltung auch nicht abgehen. Es gehört zur Bewahrung einer Gemeinschaft und ihrer Einheit dazu, dass es verbindliche Regeln gibt, die dann auch für alle gelten, und die alle eint.

Doch spätestens das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16) lässt einen nachdenklich werden. Einige Arbeiter meutern: Das ist ungerecht. Doch mit welchem Lohn werde ich allen gerecht? – eine Frage, mit der sich Eltern, Lehrer, Vorgesetzte usw. immer wieder auseinandersetzen müssen.

Eine schöne Antwort dazu habe ich in der Geschichte von Jan und dem Großvater gefunden. Stefanie hat eine kostbare Kette verloren, und Jan findet, dass sie bestraft werden müsste. Für ihn ist es nicht gerecht, dass der Großvater Stefanie verzeiht. Doch der Großvater mit seiner reichen Lebenserfahrung weiß mehr. In einer solchen Welt möchte er nicht leben, da würde er frieren (eine fantastische Bildersprache).  Haben Sie das Gefühl, in Ihrer Gemeinschaft zu frieren? Und könnten Sie von dem Großvater etwas lernen zum Thema Einheit?

 

Prälat Dr. Stefan Dybowski

15.07.2021   Monatsvortrag Kloster St. Augustinus, Berlin-Lankwitz

 

Wie ich von einer Schneiderin zur Krankenschwester wurde und das Wunder der „Madonna dell’Arco”

Wie ich von einer Schneiderin zur Krankenschwester wurde und das Wunder der „Madonna dell’Arco”

Ich möchte eine Geschichte erzählen, die sich zugetragen hat, als ich in einem Krankenhaus in Neapel gearbeitet habe. Ich beginne meine Geschichte damit, wie es dazu kam, dass ich Krankenschwester wurde, nach Italien ging und in einer Krankenhausstation ein Wunder erlebte.

Ich trat im Alter von 20 Jahren in die Kongregation ein und meine Kandidatur. Ich erinnere mich sehr gut an die ersten Worte, die Mutter Genezja damals zu mir sagte: „Diese  Kandidatin wird Krankenschwester.“. Diese Worte waren für mich sehr einprägsam, aber mit der Zeit habe ich sie vergessen…., aber Mutter Genezja hat sie nicht vergessen.

Dann begann das Noviziat. Während dieser Zeit hatten wir verschiedene Vorträge. Es gab auch eine Schwester aus Kattowitz (ich erinnere mich nicht mehr an ihren Namen), die zu uns kam. Sie brachte uns bei, wie man Injektionen gibt und grundlegende pflegerische Aufgaben rund um die Kranken ausführt.

Als wir im zweiten Noviziatjahr waren, wurde uns mitgeteilt, dass die Schwestern nach Otorowo (bei Poznań) in ein Arbeitslager gebracht werden sollten. Ich erinnere mich, wie Mutter Genezja damals beschloss, dass die Novizinnen ihre religiösen Gewänder ablegen sollten, um sie so vor dem Transport zu schützen. Sie sollten ihr persönliches Hab und Gut zu ihren Familien nach Hause bringen. Auch ich sollte meine Sachen packen, sie in mein Elternhaus bringen und in Zivilkleidung zur Schwesterngemeinschaft nach Nysa gehen. Und das habe ich getan.

Die Schwestern in Nysa haben mich freundlich empfangen. Nach kurzer Zeit gaben sie mir den Habit einer verstorbenen Schwester. Obwohl er mir nicht passte und zu groß für mich war, war ich froh, dass ich das Ordenskleid wieder tragen konnte. Leider hatte ich nicht lange Freude daran, denn bald warnte uns jemand in einen Brief, dass sie uns auch ins Arbeitslager bringen wollten, und so befahl man mir, das Ordenskleid wieder abzulegen. Das passierte dreimal, aber ich wusste, dass dies die einzige Möglichkeit war, mich vor dem Arbeitslager zu retten.

In Nysa gab es eine Schwester Hereswita, die einen Nähkurs für Mädchen leitete. Da ich bereits als Teenager in der Wirtschaftsschule das Nähen gelernt hatte, begann ich, ihr dabei zu helfen. Nach einem Jahr in Nysa „erinnerte“ sich Mutter Genezja an das, was sie mir gesagt als Kandidatin gesagt hatte, und versetzte mich nach Jaszkotl.  Dort arbeitete ich nicht nur in einer Fabrik, sondern ging auch zu den Kranken in den Dörfern, um ihnen Spritzen u.a. zu geben. Von Jaszkotl aus ging ich dann für zwei Jahre in die Krankenpflegeschule in Warschau. Nach Abschluss der Schule kehrte ich wieder nach Jaszkotl zurück. Dann wurde ich nach Ścinawa versetzt, wo die Schwestern in einem Gesundheitszentrum arbeiteten: im Kreißsaal, einer Impfstelle und im Untersuchungsraum. Ich sollte dort als Leiterin eingesetzt werden.  Ich weiß noch, wie traurig ich war, Jaszkotl zu verlassen, und als ich mit Schwester Helena, die mich begleitete, aus dem Zug stieg, bemerkte sie, dass ich traurig war, weil ich ins Unbekannte ging, ich wusste nicht, mit wem ich arbeiten würde. Sie begann, mir die Schönheiten des Ortes zu zeigen und sagte: „Schau mal, wie schön es hier ist, da fließt ein Bach, die Vögel singen so schön“, doch ich antwortete: „aber es ist so fremd“. Aber Gott war mit mir. Ich begann in der Impfstelle zu arbeiten und fuhr in den Dörfern herum, um die Kranken zu besuchen. Es waren 15 Dörfer zu versorgen. Ich habe dort 10 Jahre lang gearbeitet.

  1. Ich höre noch immer das Telefon klingeln und die Stimme im Hörer sagen: „Schwester Wincencja, Sie werden nach Italien gehen. Machen Sie sich schnell fertig, denn der Direktor des dortigen Krankenhauses möchte, dass eine Schwester kommt und auf der Krankenstation arbeitet.” Ich gebe zu, dass es mir schwer fiel, zu gehen, weil ich den Schwestern und den Menschen näher gekommen war. Schließlich konnte ich kein Italienisch und wieder ging ich ins Unbekannte.

Wie gesagt, ich kam in Neapel an, ohne die italienische Sprache zu kennen. Ich fing an, im Krankenhaus zu arbeiten, und die Leute haben mich sehr freundlich aufgenommen. Sie ermutigten mich, mir keine Sorgen über meine mangelnden Sprachkenntnisse zu machen, sondern sie geduldig zu lernen, täglich zwei Wörter, und nach einer Weile werde ich perfekt sprechen. Und das habe ich getan. Trotz fehlender Sprachkenntnisse habe ich sofort mit der Arbeit auf der Station begonnen und nur dank Gottes Fürsorge und Hilfe habe ich keine Fehler gemacht.

Die Leute vom Krankenhaus haben gerne mit uns Schwestern gearbeitet, das haben sie uns mehr als einmal spüren lassen. Sie vertrauten uns. Sie erzählten uns ihre Familien- und Eheprobleme und wir haben all diese Angelegenheiten Gott anvertraut.

Während ich im Krankenhaus arbeitete, geschah ein Wunder, von dem ich Ihnen erzählen möchte.

Eines Tages war auf der Station, auf der ich arbeitete, eine Frau, die einen kleinen Jungen zur Welt gebracht hatte. Nach der Geburt begann sich ihr Gesundheitszustand zu verschlechtern. Sie hatte eine so genannte Eklampsie (eine Krankheit, die sich in Krämpfen oder Bewusstseinsverlust bei schwangeren Frauen oder Wöchnerinnen äußert). Dieser Zustand hielt zwei Wochen lang an, sie fiel ins Koma und reagierte auf nichts mehr.  Die Ärzte gaben ihr keine Überlebenschance. Diese Frau tat mir sehr leid, sie hatte gerade ihr erstes Kind zur Welt gebracht und war kurz davor zu sterben. Jeden Tag kam eine Hebamme zu ihr und kümmerte sich um sie. Eines Tages traf ich sie im Zimmer. Ich fragte: „Wird diese Patientin wirklich sterben?“. Sie antwortete, dass es keine Hoffnung für sie gäbe. Dann erzählte ich der Hebamme, dass ich etwas Öl von dem wundertätigen Ort Sant’Anastasia habe, wo ein Bild der Madonna dell’Arco steht, und ich wollte die kranke Frau damit salben. (Ich ergänze nur, dass die Dominikanerpatres, die sich um dieses Heiligtum kümmern, am Tag des Ablasses immer die Öle segnen, und die Leute können sie mitnehmen).

Ich schlug vor, gemeinsam zu beten: Gott möge ihr entweder einen friedlichen Tod schenken oder ihre Gesundheit wiederherstellen. Die Hebamme stimmte bereitwillig zu. Ich erinnere mich, dass ich auf der einen Seite des Bettes kniete und die Hebamme auf der anderen. Und wie es bei der Krankensalbung üblich ist, machte ich dieser kranken Frau ein Kreuz mit diesem Öl auf die Stirn, auf die Hände und auf die Füße.

Unser Gebet dauerte nicht lange. Nach einer Weile öffnete die Frau ihre Augen und setzte sich im Bett auf.  Wir brachen in Tränen aus. Nach ein paar Tagen kehrte sie mit ihrem Baby nach Hause zurück.

Die Muttergottes hatte sie gerettet.

Dies war eines der bewegendsten Ereignisse, die ich in den 21 Jahren, in denen ich im Krankenhaus von Neapel arbeitete, erlebt habe. Ich erinnere mich sehr gut und mit großer Zuneigung an diese Zeit.

 

Sr. M.Wincencja Wróbel

 

* * *

 

Der Beginn des Marienkults mit dem Titel Madonna dell’Arco ist mit einer Episode verbunden, die sich am 6. April 1450, dem Ostermontag, in Sant’Anastasia (heute in der Provinz Neapel) ereignete.

Am Rande eines Feldes stand eine Kapelle, auf der unter dem Bogen eines Aquädukts ein Bild der Madonna mit dem Jesuskind gemalt war (daher die Namen Madonna dell’Arco – Masonna unter dem Bogen).

Während des Dorffestes spielten die jungen Männer „palla a maglio” (Kugel mit Hammer). Das Spiel bestand darin, eine Holzkugel mit einem Hammer zu schlagen; Sieger war derjenige, der seine Kugel am weitesten fliegen ließ. Einer von ihnen verfehlte und verlor das Spiel, woraufhin der Ball eine Linde traf, deren Äste teilweise eine Wand verdeckten, an der das Fresko mit dem Bild der Madonna mit Jesuskind hing. In einem Anfall von Wut hob der Verlierer den Ball auf und warf ihn fluchend auf das heilige Bild und traf es an der linken Wange, die zu bluten begann, als wäre sie ein lebendiger Körper. Die Nachricht von dem Wunder verbreitete sich schnell im ganzen Land und erreichte den Grafen Sarno, einen lokalen Adligen, den Großscharfrichter des Königreichs Neapel. Er verurteilte den jungen Mann, nachdem er das Wunder begutachtet und einen verkürzten Prozess geführt hatte, dazu, an derselben Linde aufgegehängt zu werden, die das Bildnis der Muttergottes schützte. Nach vierundzwanzig Stunden war der Baum verdorrt.

Diese wundersamen Ereignisse lösten den Kult der Madonna dell’Arco aus, der sich sofort in ganz Süditalien verbreitete. Scharen von Gläubigen strömten zum Ort des Wunders, so dass es notwendig war, mit den erhaltenen Spenden eine kleine Kirche zu bauen, um das heilige Bild vor den Naturgewalten zu schützen.

 

 

 

http://www.santiebeati.it/dettaglio/91177

https://www.fanpage.it/napoli/la-storia-della-madonna-dellarco-e-dei-suoi-miracoli/