Eines Tages rief mich Schwester Małgorzata Cur von der Kongregation der Marien-schwestern von der Unbefleckten Empfängnis aus Brzezie an.

Sie äußerte den Wunsch, ein Gemälde der Dienerin Gottes, Sr. Dulcissima, anfertigen zu lassen, da nur wenige Fotos erhalten sind und nur auf einigen davon Sr. Dulcissima in ihrem Ordenskleid zu sehen ist. Die Fotos waren von sehr schlechter Qualität, aber ich dachte, dass ich schon so oft verschiedene Porträts gemalt hatte, dass ich auch mit diesem keine großen Schwierigkeiten haben würde. Ich weiß, dass die Erstellung eines Porträts von Heiligen oder Seligen ein tiefes geistiges Abenteuer und eine Einladung zu einer einzigartigen Freundschaft ist. Die Malerei ist auch eine spirituelle Reise zu sich selbst. So war es auch, als ich an den Porträts der heiligen Teresa vom Kinde Jesu, des seligen Kardinal Stefan Wyszyński oder der seligen Chiara Luca Badano arbeitete.

Schwester Margaretha und ich wählten ein Foto aus, das als Modell für das Porträt dienen sollte.

Ich begann meine Arbeit wie üblich mit einer Zeichnung, einer Skizze, die ich später beim Malen genauestens befolgen wollte.

Doch genau hier begannen die Probleme. Das Foto zeigte etwa ein Dutzend Ordensfrauen in einer Aufnahme, und trotz starker Vergrößerung war es sehr unscharf… Die Gesichter waren unschart und verschwommen… die Kleidung war nur in Umrissen zu erkennen.

Ich fragte mich, wie man an so etwas arbeitet? Schließlich ist es unmöglich, ein Porträt von einer Person zu machen, die ich wie hinter einem Nebel sehe. Ich wollte mich nicht gleich am Anfang entmutigen lassen, also versuchte ich weiter zu zeichnen… In der Zwischenzeit schickte mir Schwester Małgorzata Fotos von Schwestern in der Ordenstracht  aus jener Zeit, damit ich mir ein besseres Bild von den Details des Schleiers, des Habits und ihrer Elemente machen konnte…

Aber die Priorität lag für mich bei den Augen. Nur, dass die Augen auf dem Foto im Schatten lagen und außerdem waren alle Fotos natürlich schwarz-weiß… Langsam wurde ich nervös…

Zu Beginn meines Kontakts mit Schwester Dulcissima ahnte ich, dass es ein Problem wäre, ein neues Porträt zu machen, und nun hatte ich ein Problem, und zwar ein ernstes. Die Arbeit ging zwar vorwärts, aber sehr langsam und nicht effektiv. Ich bediente mich weiterer Fotos von Schwester Dulcissima, die noch vor ihrem Eintritt in die Kongregation aufgenommen wurden. Einige der Bilder von Helena Hoffmann waren etwas deutlicher und die Augen waren besser zu erkennen. Aber ich weiß, dass sich die Sichtweise eines Menschen mit der Reife ändert, insbesondere mit der geistigen Reife… und mit dem Leiden, das die Seele veredelt. Schließlich sind die Augen der Spiegel der Seele. Ich wollte die Dienerin Gottes besser kennen lernen. Das war der Wendepunkt. Ich begann, Materialien über Sr. Dulcissima zu lesen und …. bat sie, mich sie malen zu lassen und sie solle mir dabei helfen…

Dann war das Porträt  fast fertig…Ich ging zwei Schritte zurück und…. war traurig, als ich sah, dass die Schwester, die ich gemalt hatte, nicht Helena Hoffmann war, es war nicht Sr. Maria Dulcissima…Ich war hilflos….

Was sollte ich tun?

Verzweifelt bat ich Schwester Małgorzata zu beten.

Die Schwestern haben gebetet und sogar eine Messe für den persönlichen Maler von Sr. Dulcissima – so nannte mich Sr.  Małgorzata – angeordnet.

Persönlicher Maler?

Zum ersten Mal fühlte ich Tränen der Rührung… Ich spürte, dass ich eine Art innerer Reinigung durchmachte und Sr. Dulcissima mir sehr nahe kam…

Ich begann, das Gesicht der Dienerin Gottes von neuem zu bearbeiten. Dabei hatte ich den Eindruck, der sich in eine Überzeugung verwandelte, als ob Sr. Dulcissima die ganze Zeit ihre Hand auf meiner hielt und mir half, sie zu malen.

Das war eine Erfahrung, die ich noch nie gemacht hatte. Es war eine Befreiung vom eigenen Ego des Künstlers, das in erster Linie auf seine eigenen künstlerischen Fähigkeiten vertraut… und hier musste ich auf die Fürsprache dieser Schwester vertrauen, deren Seligsprechungsprozess im Gange ist….

Ich malte die Leinwand weiß an und fertigte eine neue Skizze mit dem Pinsel an… Es war ein kühner Schritt und ein Risiko… aber es hat sich gelohnt… Auf der Leinwand entstand ein sehr lebendiges, wenn auch nur skizzenhaftes Porträt von Schwester Dulcissima. Und das Überraschende ist, dass schon in dieser Skizze – die Augen wie lebendig erschienen! Ich atmete erleichtert auf und war dankbar.

Die Arbeit ging nun reibungslos voran …

Das Porträt wurde kurz vor Weihnachten fertiggestellt.

Diese Erfahrung half mir zu verstehen, wie mächtig die Fürsprache der Heiligen ist, besonders in Momenten, die menschlich gesehen hoffnungslos sind. Schwester Maria Dulcissima hat mir beim Malen geholfen, und ich fühle mich durch diese Tatsache geehrt. Sie ist nicht nur eine Kandidatin für die Altäre, die ich in verschiedenen Anliegen bitte. Sie ist auch eine heilige Begleiterin in alltäglichen und außergewöhnlichen Angelegenheiten, in denen ich die Liebe Gottes zu uns Menschen bewundere, die jeden Tag auf vielfältige Weise zum Ausdruck kommt.

Schwester Dulcissimo, bitte lege Fürsprache für uns ein!

 

Tomasz Wachowicz

Trzcianka, 02.01.2022