Lasst euch mit Gott versöhnen

Lasst euch mit Gott versöhnen

Einheit erhalten und vertiefen

Im letzten Monatsvortrag haben wir darüber gesprochen, dass Einheit keine äußerliche Angelegenheit ist, sondern eine innere Beziehung, die die Menschen miteinander verbindet. Wir haben gesehen, dass eine solche Beziehung immer wieder erneuert und vertieft werden muss. Deswegen wurden wir von Sr. Sybilla daran erinnert, wachsam zu sein, um diese Einheit zu erhalten und zu vertiefen. Heute wollen wir darüber nachdenken, wie dies konkret geschehen kann: die Einheit erhalten und vertiefen.

 

Bekehre uns … (GL 266)

In der österlichen Bußzeit – bei uns gängig als Fastenzeit bezeichnet – liegt für viele der Schwerpunkt auf Fasten und Verzicht. Das ist sicher auch nicht schlecht. Doch die Liturgie legt uns einen anderen Schwerpunkt nahe: eine Zeit der Bekehrung und Versöhnung. Wenn wir mit dem Aschenkreuz bezeichnet werden, spricht der Priester: Bekehrt euch und glaubt an das Evangelium! Und in der 2. Lesung am Aschermittwoch haben wir die Mahnung des Apostels Paulus gehört: Lasst euch mit Gott versöhnen (2 Kor 5,20ff).

Das soll heute unser Thema sein: Versöhnung als ein Baustein der Einheit.

 

Verletzliche Beziehungen

Wie schnell Beziehungen im Alltag angegriffen oder sogar zerstört werden, kennen wir aus eigener Erfahrung. Rechthaberei, Egoismus, Eifersucht, Streit … verändern die Beziehungen und zerstören oft die Einheit. Das gilt für die Beziehungen untereinander wie auch für die Beziehung zu Gott.

 

Erlebte Sünde

Was ist Sünde? Das haben wir als Kinder im Beichtunterricht gelernt. Und anhand der 10 Gebote wurden konkrete Beispiele genannt: den Eltern nicht gefolgt, den anderen gehauen, ihm etwas weggenommen, gelogen …

Wie ist Sünde? Das haben wir im Beichtunterricht leider nicht gelernt. Doch im alltäglichen Leben haben wir es zu spüren bekommen. Wenn wir jemanden angelogen haben, sind wir ihm aus dem Weg gegangen. Das Wort Sünde und das Wort absondern haben den gleichen Wortstamm. In der Sünde wird die Einheit mit Gott sowie in deren Folge auch die Einheit untereinander zerstört. Die Geschichte der ersten Menschen (Adam und Eva, Kain und Abel) in Gen 3 und 4 sind ein eindrucksvolles Beispiel für die Zerstörung der Einheit. Und seit dem ersten Sündenfall müssen wir uns auseinandersetzen mit der Macht des Bösen. Um so wichtiger dann die Mahnung des Apostels, sich mit Gott und damit auch untereinander zu versöhnen.

 

Nicht vergessen, aber vergeben

Sie kennen sicher die Redewendung: vergeben und vergessen. Ich kann dieser Redewendung nicht zustimmen. Sicher gibt es Dinge, die ich dann nach der Versöhnung auch vergessen kann. Aber viele Dinge kann ich sicher nicht vergessen. Doch ich muss sie auch nicht vergessen. Versöhnung bietet mir eine neue Lebensqualität, die vorausgegangenen Streit und Verletzungen einschließt und überbietet. Ja, ich weiß, dass du mir wehgetan hast. Aber meine Liebe zu Dir ist größer als alle Schuld. Das ist Versöhnung.

 

Gott will Versöhnung

Wie oft erzählt die Hl. Schrift davon, dass wir Menschen uns von Gott abgewandt und den Bund mit ihm gebrochen haben. Im Alten Testament hat sich das Volk Israel immer wieder von Gott abgewandt und ist fremden Götzen nachgelaufen. Das eindrucksvollste Beispiel für Gottes Bereitschaft zur Versöhnung finden wir im Neuen Testament im Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lk 15). Die verloren gegangene Einheit zwischen Vater und Sohn beantwortet der Vater mit seinen ausgebreiteten Armen. So geht Versöhnung. Gottes Liebe ist stärker als unsere Schuld. Daher die Aufforderung des Apostels Paulus: Lasst euch mit Gott versöhnen (2 Kor 5,20).

 

Zerschnitten und zusammengeknotet

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch eine wunderbare Erfahrung mitgeben, die Menschen machen können, wenn sie zur Versöhnung bereit sind. Diese Erfahrung kann man am schönsten bildlich darstellen. Zwei Kinder sitzen im Abstand von 3 Metern entfernt. In der Hand halten beide eine Schnur als Zeichen ihrer Beziehung (Freundschaft). Auf einmal kommt ein Streit. Einer von beiden schneidet mit einer Schere die Schnur durch. Doch beide versöhnen sich wieder, und die Schnur wird wieder zusammengeknotet. Das geschieht mehrere Male. Ich habe dies häufig im Beichtunterricht den Kindern gezeigt und die Frage gestellt: Hat sich etwas verändert? Beim ersten Mal haben die Kinder noch nichts bemerkt. Doch bald konnten sie feststellen: durch die zahlreichen Knoten sind beide Kinder näher zusammengerückt.

So geht Versöhnung: Menschen rücken näher zusammen – untereinander und mit Gott.

 

So ist Versöhnung

 

Wie ein Fest nach langer Trauer,
wie ein Feuer in der Nacht.
Ein offnes Tor in einer Mauer,
für die Sonne auf gemacht.
Wie ein Brief nach langem Schweigen,
wie ein unverhoffter Gruß.
Wie ein Blatt an toten Zweigen
ein-ich-mag-dich-trotzdem-Kuss.

Ref.: So ist Versöhnung,
so muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung,
so ist vergeben und verzeihn. (2x)

Wie ein Regen in der Wüste,
frischer Tau auf dürrem Land.
Heimatklänge für vermisste,
alte Feinde Hand in Hand.
Wie ein Schlüssel im Gefängnis,
wie in Seenot – Land in Sicht.
Wie ein Weg aus der Bedrängnis
wie ein strahlendes Gesicht.

Wie ein Wort von toten Worten Lippen,
wie ein Blick der Hoffnung weckt.
Wie ein Licht auf steilen Klippen,
wie ein Erdteil neu entdeckt.
Wie der Frühling, der Morgen,
Wie ein Lied wie ein Gedicht.
Wie das Leben, wie die Liebe,
Wie Gott selbst das wahre Licht

 

Prälat Dr. Stefan Dybowski

 

10.03.2021   Monatsvortrag Kloster St. Augustinus, Berlin-Lankwitz

 

König auf einem Esel

König auf einem Esel

Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem Esel. (Sach 9, 9)

Heute betrachten wir den triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem. Jesus zieht in die Stadt ein wie ein großer Sieger voller Macht und Stärke. Und das ist er für uns, denn wir wissen, dass er der König des Universums ist, der gekommen ist, um uns zu retten. Doch es mag seltsam erscheinen, dass er auf einem Esel reitet. Ja, es war ein beliebtes Transportmittel in jenen Tagen, aber wenn Jesus den Menschen zeigen wollte, dass er ein großer König ist, hätte er ein Pferd benutzen sollen, auf dem auch die mächtigen Römer, die Jerusalem damals besetzt hielten, ritten. Was wollte Er damit zeigen, indem Er auf einem Esel ritt? Er wollte noch einmal sagen: Ja, Er ist ein König, aber nicht so, wie wir ihn uns vorstellen. Sein Reich ist eine Realität jenseits dieser Welt, und sie steht im Gegensatz zur menschlichen Mentalität. Der Esel des Herrn ist für uns die klare Botschaft, dass das Reich Gottes dort zu finden sein wird, wo Einfachheit und Demut herrschen, wo es nach menschlichem Ermessen nichts Attraktives, Spektakuläres gibt, wo es gewöhnlichen Alltag und gewöhnliche Menschen gibt. Das ist der Geschmack von Gott und seinem Reich, so hat er uns gerettet. Der Esel ist eines der vielen Zeichen für „Gottes Stil“.  Wenn wir die Karwoche beginnen, lasst uns auch in den folgenden Tagen nach solchen Zeichen Ausschau halten.

Sr.M. Sybilla Kołtan

Ein geistliches Testament

Ein geistliches Testament

Wenn ich bei Beerdigungen eine Rede halte, frage ich gern danach, ob es etwas gibt, was der Verstorbene uns hinterlassen hat. Damit meine ich weniger Geld oder Sachgegenstände, sondern ein Anliegen, das ihm wichtig war, und das in seinem Sinne fortgeführt werden sollte. Es ist also ein geistliches Testament.

Die Generaloberin St. Sybilla hat in ihrem Brief, den Sie am Todestag des Stifters, also am 7. Dezember, geschrieben hat, dieses Testament von Pfarrer Johannes Schneider genannt: „Bleibt einig!“ Es geht ihm also um den Aufbau und die Vertiefung der Einheit.

Drei Gedanken möchte ich Ihnen dazu heute mitgeben.

 

Aufbauen der Einheit

Der Brief von Sr. Sybilla und damit auch die Worte des Stifters Pfarrer Johannes Schneider erinnern uns an eine Sache, die gern schnell in Vergessenheit gerät: Einheit ist nicht von vorn herein einfach da. Sie muss geschaffen und aufgebaut werden. Das gilt übrigens auch für viele andere Dinge.

Ein Beispiel dazu aus dem Bereich der Verwandtschaft. Wenn ich in eine Familie mit mehreren Kindern hineingeboren werde, habe ich einen Bruder oder eine Schwester. Damit daraus auch eine brüderliche oder schwesterliche Beziehung entsteht, die mein Leben bereichert und die für mich auch in schweren Situationen tragfähig und belastbar ist, müssen die Geschwister auch etwas dafür tun. Sie müssen eine Beziehung zueinander aufbauen.

Diese Gedanken kann man gut auf eine Ordensgemeinschaft beziehen. Das Versprechen eines Gelübdes und Tragen eines einheitlichen Ordenskleides macht noch keine Einheit aus.

Damit wird schon deutlich, dass Einheit keine äußerliche Angelegenheit ist, sondern eine innere Beziehung, die die Menschen miteinander verbindet.

Wachen über die Einheit

In dem Brief von Schwester Sybilla werden wir zudem aufgefordert, über die Einheit zu wachen. Die Einheit kann also verloren gehen. Von daher ist unsere Aufmerksamkeit gefordert.

Wachen oder Bewachen – ich denke an Personen oder Gegenstände, die bewacht werden. Dabei handelt es sich immer um solche, die wertvoll und wichtig sind, und bei denen es zu schlimmen Konsequenzen käme, wenn sie gestohlen würden oder verloren gehen. Unwichtige Dinge würde ich nicht bewachen oder bewachen lassen. Schon daraus wird wichtig, dass die Einheit etwas sehr Wertvolles ist. Sie ist wertvoll für unser Zusammenleben, und es hätte negative Konsequenzen, wenn sie verloren gehen würde.

Geistliche Übung: Welche geistlichen Dinge sind Ihnen so wertvoll, dass sie auf keinen Fall verloren gehen dürften? Worüber möchten Sie wachen? (Und wenn Sie weiter überlegen wollen, können Sie sich auch die Frage stellen: Wie sieht Ihr Wachen ganz konkret aus?).

Vertiefen der Einheit

Wir haben eben die Einheit als Beziehung beschrieben. Damit unterliegt sie auch den Gesetzen, denen jede Beziehung unterliegt, nämlich sie kann sich verändern. Sie kann stärker werden, sie kann aber auch abflachen und ganz verschwinden.

Dazu kann ich Ihnen ein schönes Beispiel von der Nordseeküste erzählen. Die Bewohner an der Küste führen einen endlosen Kampf mit dem Meer. In mühevoller Arbeit versuchen sie, dem Meer ein Stück Land abzuringen. Auf die Frage, warum sie dies tun, sagte einmal ein Friese: „Wissen Sie, wenn wir nicht dem Meer das Land abringen, nimmt das Meer uns das Land weg.“ Ein Belassen auf dem gegenwärtigen Status ist nicht möglich.

Dieses Bild beschreibt recht schön das Anliegen des Stifters Pfarrer Johannes Schneider. Wenn ich mich auf der Einheit, so wie ich sie erlebe, ausruhe, wird sie verloren gehen. Meine Aufgabe wird es sein, sie immer wieder zu vertiefen und somit lebendig zu halten. Wie dies konkret aussehen kann, wäre ebenfalls eine gute und lohnenswerte geistliche Übung. Wir werden in späteren Vorträgen auf diese Thema (Vertiefen der Einheit) noch zurückkommen.

 

Prälat Dr. Stefan Dybowski

15.02.2021   Monatsvortrag Kloster St. Augustinus, Berlin-Lankwitz

„Mit den Augen des Stifters“

„Mit den Augen des Stifters“

Es passiert mir nicht selten, dass ein ganz gewöhnlicher, unwillkürlich hingeworfener Satz von jemandem für mich zum Anlass tieferes Nachdenken wird. Das war in dem Fall, den ich gleich beschreiben werde, nicht anders. Es war ein gewöhnliches, einfaches Gespräch mit einer älteren Schwester aus meiner Gemeinschaft, deren Gedächtnis manchmal Lücken aufweist. Als sie das Bild unseres Stifters betrachtete, fragte sie mich: „Schwester, hatte unser Stifter eine Brille? Denn ich kann nicht gut sehen.” Ich antwortete, dass er keine Brille trug. Nach einem Moment des Nachdenkens sagte die Schwester: „Oh… nun, dann hatte er gute Augen. Deshalb ist er auch unser Stifterer. Weil er gute Augen hatte.” Dieses Thema hat mich mehrere Wochen beschäftigt und dann habe ich für mich drei Schlussfolgerungen gezogen.

Erstens: Unser Stifter hatte ein gutes Sehvermögen (hier ist nicht das physisches Sehvermögen gemeint), das heißt, er sah viel. Sicherlich hat er mehr gesehen als ich oft sehe. Er sah die unermesslichen Bedürfnisse und die (nicht nur unbedingt materielle) Armut seiner Zeitgenossen. Ich stelle mir eine Frage: bemühe ich mich, mehr zu sehen als meine kleine, sichere Welt (mein sprichwörtliches „Nasenende“)? Sehe ich die sich verändernden Bedürfnisse, Probleme und „Nöte“ meiner Zeitgenossen? Bin ich nicht verwundert über die leeren Augen der Menschen in der Straßenbahn und ihre mit Kopfhörern verstopften Ohren? Bin ich nicht beunruhigt über die Schläfrigkeit der Vernunft bei vielen jungen Menschen? Beunruhigen mich nicht die sehr deutlichen Spaltungen in der Gesellschaft, in den Familien, in den Gemeinschaften? Sehe ich in solch alltäglichen Bildern etwas mehr? Suche ich nach den Ursachen? Der Stifter sah mehr, weiter, tiefer. Deshalb antwortete er adäquat auf die Bedürfnisse der Situation…und innovativ für das 19. Jahrhundert. Und ich? Ich muss leider sagen, dass es mir meist leichter fällt, meinen altbewährten Mustern zu folgen und Jesus nicht zu fragen: „Was würdest Du jetzt tun?“

Zweitens: Pfarrer Schneider hatte buchstäblich „gute Augen“. Habe auch ich ein gutes Auge, „Gottes Auge“? Versuche ich, einen anderen Menschen mit den Augen Gottes zu sehen? Sehe ich in ihm die Schönheit und Güte eines Kindes Gottes? Schließlich war alles, was Gott geschaffen hat, gut. Helfe ich den Menschen, das Licht zu entdecken, mit dem sie auf die Welt gekommen sind? Immerhin kämpft dieses Licht in jedem von uns so hart darum, nicht für den Rest ausgelöscht zu werden… Schütze ich diesen glimmenden Docht? Nicht nur in einem anderen Menschen, sondern auch in mir selbst?

Drittens: Er hatte „erleuchtete Augen des Herzens“ und wusste, „zu welcher Hoffnung Gott ihr durch ihn berufen seid, welchen Reichtum die Herrlichkeit seines Erbes den Heiligen schenkt und wie  überragend groß seine Macht sich an uns, den Gläubigen, erweist durch das Wirken seiner Kraft und Stärke.“ (Eph 1,18-19). Er gab anderen das, was er hatte, nämlich einen starken Glauben, Hoffnung und Liebe – eine innere Gewissheit von Gottes Barmherzigkeit… kostenlos, für jeden, ohne Ausnahme. Das erinnert mich an eine einfache Regel: Man gibt, was man in sich hat. Was gebe ich anderen? Wenn ich kein Licht in mir habe, wie soll ich dann anderen den Weg zu Gott leuchten?

Jedes Kind bekommt einen Teil der Eigenschaften seiner Eltern und lernt durch ihr Vorbild. Bin ich eine wahre geistige Tochter von Pfarrer Schneider? Habe ich sein Erbe übernommen? Davon bin ich noch weit entfernt.  Meine Sehkraft scheint auch schlecht zu sein, also muss ich vom GÖTTLICHEN AUGENARZT behandelt werden…

 

Sr. Franciszka Jarnot

 

Einheit ist bunt

Einheit ist bunt

Uniform – Faszinierende Bilder

Jeder kennt sicher solche Bilder: Sängerknaben in einheitlicher Festkleidung, Sportler in einheitlichem Sportdress, Soldaten in Uniform. Das macht schon was her: 20, 50, 100 oder noch mehr Personen in gleicher Kleidung. Alle sind einheitlich gekleidet. Erinnerung an eine Bistumswallfahrt nach Rom, wo über 1000 Gläubige mit einem gelben Schal in den Petersdom eingezogen sind. Sofort kommen bei mir Assoziationen wie Gemeinschaft, Stärke. Da würde ich gern dazugehören.

Das äußere Bild verleitet gern dazu, die Einheit einer Gemeinschaft an äußerlichen Dingen festzumachen. Das Tragen der gleichen Kleidung suggeriert die gleichen Gewohnheiten, die gleichen Vorlieben. Und wenn der Andere anders denkt und handelt, ist die Verwunderung groß. Das habe ich so nicht vermutet …

Einheit ist nicht Einheitlichkeit

Um Einheit zu verstehen und dann auch leben zu wollen, muss man erst einmal für sich klar haben, dass Einheit nicht identisch ist mit Einheitlichkeit. Ich gehe dazu erst einmal in den sachlichen Bereich. Eine Bergwiese sieht prächtig aus. Wenn man näher herangeht, sieht man Blumen und Gräser von ganz unterschiedlichen Formen und Farben. Eine Symphonie besteht aus einer Fülle unterschiedlichster Töne, die von verschiedenen Instrumenten hervorgebracht werden.

Vielfalt: ein Kennzeichen unserer Kirche

Pfingsten: die vielen Völker, die damals in Jerusalem versammelt waren, und die alle die Apostel in ihrer Sprache die Botschaft von Jesus verkünden hörten.

Vielfalt bei den Aposteln: Allein schon im Kreis der Apostel kann man die Vielfalt sehen: Petrus und Paulus, Jakobus und Johannes – und die Bibel erzählt, dass die Apostel in manchen Dingen (Beschneidung, Bindung an das jüdische Gesetz) durchaus auch heftig miteinander gerungen haben.

Paulus: Die vielen Gnadengaben und der eine Geist

Im 1. Korintherbrief beschreibt Paulus die Vielfalt in der Gemeinde. Er spricht von den verschiedenen Gnadengaben, die er in der Gemeinde erlebt. Dabei gebraucht er das griechische Wort „Charisma“ (das Wort „charmant“ ist davon abgeleitet). Kennen Sie die Charismen (Gnadengaben, Begabungen, Fähigkeiten) der anderen (Ihrer Familienangehörigen, Ihrer Mitschwestern, Ihrer Mitarbeiterinnen …)? Es könnte schon spannend sein (ist aber nicht einfach), sich darüber mal auszutauschen.

Paulus sieht in der Vielfalt eine große Bereicherung, aber auch eine Gefahr, z.B. von Grüppchenbildung oder Spaltung. Daher mahnt er zur Einheit (1 Kor 1,10-17)

 Ein Leib und die vielen Glieder

Paulus vergleicht die Vielfalt mit dem Bild des menschlichen Leibes: ein Leib, aber viele Glieder. Nicht nur, dass jedes Glied seine Aufgabe hat und wichtig ist, sondern sogar dass jedes lebensnotwendig ist („Der Kopf kann nicht zu den Füßen sagen: Ich brauche dich nicht!“). Jeder würde dem sofort zustimmen.

Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Immer wieder gibt es in der Welt (früher wie heute) Spaltungen: „Den/die brauchen wir nicht.“ (Ausländer brauchen wir nicht; Kinder brauchen wir im Gottesdienst nicht …).

Frage zum Nachdenken: Ist Korinth auch in meinem Leben (in unserem Konvent, in meiner Familie …) zu finden?

Einheit hat ein Ziel

Das Bild vom menschlichen Leib kann uns gut weiterhelfen, um Einheit zu verstehen. Denn das Miteinander der vielen Glieder hat ein Ziel: das Leben. Gerade in unserem Leib spüren wir sehr schnell, wie das Leben beeinträchtigt wird, wenn ein Glied ausfällt (verstauchter Fuß, Kopfschmerzen).

Einheit ergibt sich also nicht allein durch ein einheitliches Aussehen oder einheitliche Regeln. Diese können darauf hinweisen, dass alle ein gemeinsames Ziel haben.

Bei Sportlern ist dies der Wille zum Sieg, der sie zu einer Einheit verbindet, bei Sängern die Freude an der Musik.

der eine Geist

Das Bild vom menschlichen Leib kann man auch gut auf eine Gemeinschaft übertragen.

Ihre äußere Einheitlichkeit (Ordenstracht, gemeinsames Gebetsleben) ist ein Zeichen für ein gemeinsames Ziel, das sie – bei aller Individualität ihrer Mitglieder – verbindet: sie wollen dem Leben dienen.

Hierbei geht es um das leibliche wie auch um das geistliche Leben, um das Leben des Einzelnen wie auch das Leben der Gemeinschaft.

Und wer dem Leben dient, dient und verherrlicht damit auch Gott. Dazu gibt es viele Beispiele in der Hl. Schrift, z.B. „Was ihr für einen meiner Brüder und Schwestern getan habt, habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40); oder „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10).

Das ist gemeint, wenn Paulus bei der Verschiedenheit der Glieder von dem einen Geist spricht, der alle beseelt.

 

Prälat Dr. Stefan Dybowski

 

18.01.2021   Monatsvortrag Kloster St. Augustinus, Berlin-Lankwitz

 

 

 

25. Welttag des gottgeweihten Lebens

25. Welttag des gottgeweihten Lebens

Papst Johannes Paul II. hat einen Gebetstag für Frauen und Männer im gottgeweihten Leben eingeführt. Diese Feier ist mit dem Fest der Darstellung des Herrn am 2. Februar verbunden. Dieses Fest ist auch als Mariä Lichtmess bekannt; der Tag, an dem Kerzen gesegnet werden, die Christus symbolisieren, der das Licht der Welt ist. So sind auch diejenigen, die im geweihten Leben stehen, dazu aufgerufen, das Licht Jesu Christi für alle Menschen zu reflektieren.

 

Drei Gedanken zum Reflektieren und Weitergeben:

 

  1. Die Lebensweihe aus dem Glauben heraus bedeutet eine Lösung von unseren persönlichen Plänen, um den Plan Gottes anzunehmen. Im Leben des hl. Josef sehen wir das sehr deutlich. Er hatte seine eigenen persönlichen Pläne, aber nach der Erscheinung des Engels im Traum „tat er, was der Engel des Herrn ihm befahl“. Dies ist ein ständiger Prozess in unserem Leben. Über unseren persönlichen Plänen zu stehen, um ein Werkzeug Seines Plans zu sein. Keine anderen Pläne, Jesus ist mein Plan!

 

  1. Weihe bedeutet, die gegenwärtige Situation mit Hoffnung anzunehmen und zu umarmen, um sie zum besten Ort für die Gegenwart Jesu Christi zu machen. Auch hier sehen wir im Hl. Josef ein Vorbild. In der Herberge gab es keinen Platz, stattdessen bereitete der heilige Josef einen Platz in der Krippe. Wo auch immer wir sind, unsere Weihe gibt uns die Hoffnung, einen Platz für Jesus zu schaffen. Könige oder Hirten, sie werden in unserem Zeugnis, in unserer Freude, in unserem Sein, die gute Nachricht des Messias finden. Kein Zweifel, Jesus ist meine Freude!

 

  1. Die Weihe bedeutet, Liebe zu werden, um das Licht zu sein, das die Menschen um uns herum zum Plan Gottes führt. Das Bild des heiligen Josef, der die Heilige Familie führt, steht vor uns. Liebe zu werden geschieht in unserer persönlichen Beziehung zu Gott, der unsere Liebe wird. In dieser Liebe wissen wir, wann wir nach Ägypten fliehen und wann wir nach Nazareth gehen müssen, damit unsere einzige Liebe, Jesus, in uns lebendig ist. Keine Kompromisse, Jesus ist mein Schatz!

Don Giorgio